Deutsche Wirtschaft feiert Chinas Reformversprechen |
2013-11-17 |
Berlin/Peking - Die jüngsten Reformankündigungen der Kommunistischen Partei Chinas stoßen bei deutschen Ökonomen und Wirtschaftsvertretern auf Gegenliebe. "Das sind mutige Schritte nach vorn", lobt der China-Experte der Frankfurt School of Finance, Horst Löchel.
Ähnlich äußerte sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). "Das stärkt den Konsum als drittes Standbein der Wirtschaft neben Investitionen und Exporten", sagte der Leiter des Referats Asien-Pazifik, Benjamin Leipold. "Für die deutschen Unternehmen tun sich damit auch neue Geschäftschancen auf. 'Made in Germany' gilt in China als Statussymbol."
Chinas Kommunistische Partei (KP) hatte am 15. November 2013 nicht nur überraschend die Abschaffung staatlicher Umerziehungslager sowie die Lockerung der Ein-Kind-Politik angekündigt. Nach viertägigen Beratungen hinter verschlossenen Türen einigten sich rund 200 ranghohe Funktionäre des Zentralkomitees der KP auch auf eine Reihe von Wirtschaftsreformen. Dazu gehören:
Auch von anderen geplanten Reformen erwarten deutsche Experten positive Effekte. Die Partei kündigte beispielsweise den Ausbau der Sozialleistungen an. "Das stärkt am Ende den privaten Konsum und sorgt auch für politische Stabilität", sagte DIHK-Experte Leipold. "Bislang mussten die Chinesen ihr Geld sparen, um vorzusorgen - das stand dann für den Konsum nicht mehr zur Verfügung." Dazu passe die Lockerung der Ein-Kind-Politik. "Wer Sozialleistungen finanzieren will, braucht dazu Beitragszahler", sagte der Experte. Löchel sieht in den Veränderungen ebenfalls neue Chancen für die deutsche Wirtschaft. "Für Deutschland ist es gut, wenn in China mehr konsumiert wird", sagte der Ökonom. "Das dürfte künftig die Nachfrage nach deutschen Exportgütern ankurbeln." Allerdings liefere Deutschland bisher vor allem Maschinen und chemische Produkte in die Volksrepublik, bei Konsumgütern seien die Exporteure nicht ganz so breit aufgestellt. "Es kommt jetzt darauf an, direkt in China zu investieren - auch um die Bedürfnisse der Kunden besser zu treffen", sagte der Professor, der auch in Shanghai lehrt. "Da hat Deutschland noch Nachholbedarf." Auch die Zinsen sollen nicht mehr zentral bestimmt werden. "Bislang wurden die Einlagezinsen von der Zentralbank vorgegeben", sagte Löchel. "Und die sind so niedrig, dass sie nicht einmal die Inflation ausgleichen. Das Heer der Kleinsparer, das sich Immobilien nicht leisten kann, hat Geld verloren." Wenn die Zinsen durch die Reformen steigen, könnte das die Vermögenseinkommen erhöhen. Damit seien zwar auch die Zeiten extrem billiger Kredite vorbei, die bislang das Wachstum angefeuert haben, sagte Löchel. Das sei aber wünschenswert. "Künftig dürfte nicht mehr so stark in Überkapazität investiert werden. Gefragt sein werden nachhaltige Investitionen, mit denen sich Geld verdienen lässt.""So umfassend, konkret und ambitioniert war bislang kein Parteibeschluss seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik 1978", sagte Sebastian Heilmann, Direktor des Mercator-Instituts für China Studien in Berlin. Beobachter wiesen aber auch darauf hin, dass mächtige Interessengruppen und lokale Bürokratien in der Vergangenheit schon häufig die Umsetzung von chinesischen Reformvorhaben torpediert haben. Die chinesische Regierung hatte Ende der neunziger Jahre zahlreiche defizitäre Staatsunternehmen geschlossen und große Firmen gestärkt. Dabei entstanden oft mächtige Großkonzerne mit monopolartiger Stellung, die über beste Verbindungen zu allen Ebenen der Politik verfügen. (Quelle:Spiegel -online) |